Donnerstag, 24. September 2015

Dreizehnte Windung: Geist und Materie, oder: Natur und Geschichte.



Ich kann das Gewicht einer Kartoffel nicht erfahren, wenn ich ein Metermaß anlege, und ihren Umfang nicht mit der Waage messen. Ich kann das eine nicht aus dem andern ableiten noch das eine ins andere umrechnen. Es sind zwei verschiedene Dimensionen, die aber nicht in der Kartoffel stecken – die ist immer ein und die-selbe ; sondern in der Eigenart meines Wahrnehmungsapparats.

Genau so sind Freiheit und Kausalität einander irreduzibel.
  
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Die Kartoffel in diesem Bild ist der Mensch.

Wenn ich mich einmal entscheide, eine Sache durch die Augen der Naturwissenschaften anzuschauen, habe ich ipso facto mitentschieden, sie unters Gesetz der Kausalität zu fassen: beides ist dasselbe. Habe ich einen Ge-genstand mit den Augen, das heißt den Messinstrumenten der Naturwissenschaften angeschaut, kann es nicht ausbleiben, dass ich ihn als einen Gegenstand der Naturwissenschaft erkenne. Jenes folgt aus diesem, und nicht umgekehrt.

Die Knolle Mensch muss ich aber nicht als einen Gegenstand der Naturwissenschaft anschauen. Ich kann sie – nur sie – auch als den Gegenstand der Geschichtsschreibung ansehen: als ein Wesen, das Geschichte hat, weil es sie macht. Andernfalls würde es die Frage nach dem freien Willen gar nicht geben. Stammt sie etwa aus der Naturwissenschaft? Da kommt sie nicht her, da gehört sie nicht hin.

Nur wer sagt, der Mensch ist in seinen Willensentscheidungen frei, kann auch sagen, dass er in der Welt etwas tun soll. Ist alles determiniert, dann haben die Recht, die schon immer gesagt haben, man kann nix machen. Ge-meint war jedes Mal: Ich brauch’ nix machen. Bevor Freiheit und Determination ein Problem der Geschichts-wissenschaft werden können, sind sie eine politische Frage.

Freilich ist dieses Problem längst gelöst. Die endgültige Antwort heißt: Die Menschen machen ihre Geschichte selber, aber sie machen sie nicht unter frei gewählten Bedingungen; und stammt von Karl Marx. Die nicht frei wählbaren Bedingungen sind für der Geschichtsschreibung das, was für die Naturwissenschaft die determinie-renden Faktoren sind. Für eine ‚verstehende’ Geschichtswissenschaft (wie Max Weber sie nennt) treten die Be-dingungen des Handelns in den Motiven der Handelnden wieder auf: als deren Triebkraft. Aber nicht als deren Richtung. Die muss der freie Wille, politischer Verstand oder Unverstand, ex sponte hinzufügen.

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Mögen die Psychologen die Triebkraft der Motive zur Natur rechnen: Der Philosoph wird das Wollen immer zum Geist zählen (was auch sonst?).





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