Montag, 27. November 2017

A und O.



Eine Intelligenz, die so handelt, wie es in der Wissenschaftslehre dargestellt ist, soll vernünftig heißen. 

Zur westlichen Großmacht stieg die Vernunft im siebzehnten Jahrhundert, genau: nach dem Ende des Dreißig- jährigen Krieges auf. Sie sollte an die Stelle der Glaubensbekenntnisse treten, die Europa in Zwietracht und Verheerung geführt hatten. 

Zu uneingeschränkter Herrschaft wollte die französische Revolution sie bringen: Im November 1793 wurde in Notre Dame de Paris statt der christliche Kulte die Fête de la Raison gefeiert. Doch dem Wohlfahrtsausschuss grauste vor ihrer atheistischen Tendenz und setzte ihr im Juni 1794 die Fête le l'Être Suprème entgegen - die Ver- nunft nicht länger als handelndes Subjekt, sondern als Attribut der Gottheit. 

Da hatte in Deutschland die Vernunftkritik bereits begonnen: die Reflexion der Vernunft auf sich selbst, die Frage nach ihrer Reichweite und ihren Bedingungen. Kant war beim Apriori als einem Vorauszusetzenden steckengeblieben. Die Wissenschaftslehre führt auch dieses auf den Voraussetzenden selbst zurück: das tätige Ich. Doch leider ist die Wissenschaftslehre ihrerseits im Atheismusstreit steckengeblieben. Aber der hat sich erübrigt und nichts hindert uns, sie wieder aufzunehmen.





 

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